Die Bedrohung von Schaf-, Ziegen- und Rinderherden durch Wölfe wird mit höherer Population immer größer. Umso verständlicher ist es, dass Halter von Weidetieren nach Möglichkeiten suchen, ihre Herden vor Wolfsübergriffen zu schützen.

Esel - Foto: © Martina Berg
Esel – Foto: © Martina Berg

Neben geeigneten Zäunen und dem Einsatz Herdenschutzhunden werden dazu immer mehr Lamas und Esel in Betracht gezogen, zum Teil von Wolfsbeauftragten und Umweltministerin sogar empfohlen.




Jedoch ist die Haltung von Eseln in solchen Herden nicht so einfach, wie es publiziert wird. Der Esel ist kein Weide- sondern ein Wüstentier. Somit gibt es viele Dinge zu berücksichtigen.

Was spricht für den Esel als Herdenschutztier?

  • Kein spezielles Training notwendig
    Der Esel bedarf im Gegensatz zum Herdenschutzhund keiner besonderen Ausbildung. Er muss nur langsam an die Herde gewöhnt werden. Den Rest macht der Esel von selbst. Die lange Ausbildungszeit wie z.B. bei Hunden entfällt.
  • Hohe Aufmerksamkeit
    Der Esel als Wüsten- und Fluchttier beobachtet instinktiv seine Umwelt sehr genau. Er hat einen sehr guten Gehör- und Geruchssinn und erkennt so mögliche Gefahren rechtzeitig.
  • Angeborene Abneigung gegen Hundeartige
    Ebenso liegt in der Natur des Esels eine Abneigung und Aggressivität gegenüber Hundeartigen. Im Gegensatz zu anderen Fluchttieren ergreift der Esel nicht die Flucht, sondern verteidigt sich und seine Herde, geht im Notfall auch in den Angriff über.
  • Reagieren mit Schreien, Zähne zeigen und Hufattacken
    Die Größe des Esels und der Laute Ruf schrecken in der Regel Raubtiere ab. Der Esel wehrt Angriffe mit Bissen und gezielten Huftritten ab.
  • Hohe Geländesicherheit
    Esel stammen aus den Gebirgsregionen Nordafrikas. Seine Lebensversicherung dort ist u.a. die hohe Trittsicherheit. Diese kommt ihm auch beim Einsatz als Herdenschutztier zugute, insofern die Weiden nicht auf zu steilem, rutschigem Gelände liegen.
  • Hohe Lebenserwartung bis zu 40 Jahre
    Durch die hohe Lebenserwartung können Esel sehr lange im Einsatz als Herdenschutztiere verbleiben, so dass im Gegensatz zu Hunden keine Neuanschaffung in relativ kurzen Zeitabständen notwendig ist.
Zwei Esel - Foto: © Martina Berg
Zwei Esel – Foto: © Martina Berg

Was spricht gegen den Einsatz des Esels als Herdenschutztier?

  • Ausgeprägter Herdenschutz von einzeln gehaltenen Tieren
    Esel sind den Erfahrungen nach nur zuverlässige Herdenschutztiere, wenn sie sich allein auf die zu beschützende Herde konzentrieren. Esel sind jedoch Herdentiere, die lt. Tierschutzgesetz nur mit Artgenossen zusammen gehalten werden dürfen. Somit kommen nur mindestens 2 Esel in Frage. Einzelhaltung ist tierschutzwidrig. Hengste sollten nicht eingesetzt werden, da diese häufig sowohl Schafen und Ziegen, als auch Artgenossen oder Menschen aggressiv gegenüber treten.
  • Gemeinsame Haltung mit Herdenschutzhunden schwierig
    Aufgrund der Abneigung gegen Hundeartige kann eine gemeinsame Haltung mit Herdenschutzhunden schwierig werden. Diese müssen langsam und mit Vorsicht aneinander gewöhnt werden.
  • Ständiges Angebot von Raufutter
    Esel sind keine Weidetiere. Sie benötigen für einen gesunden Stoffwechsel generell Raufutter (Heu, Stroh) und Holz.
  • Zu eiweißreiches Futter führt zu Stoffwechselerkrankungen
    Esel sind Wüstentiere. In den meisten Regionen Deutschlands bestehen die Weideflächen aus sehr eiweißreichen Gräsern. Diese können Esel nicht verarbeitet, was Stoffwechselerkrankungen zur Folge hat. Am häufigsten tritt die Hufrehe auf, die nicht nur äußerst schmerzhaft ist, sondern oft tödlich endet. Mehrere Fälle bei Herdenschutzeseln sind in Deutschland bereits bekannt.
  • Wasser zur ständigen Verfügung
    Esel haben einen täglichen Wasserbedarf von ca. 8 Litern/100 kg Körpergewicht. Dieses muss auch während der Weidezeit zur ständigen Verfügung stehen.
  • Ständig zugängiger Wetterschutz
    Das Fell des Esels verfügt nicht über eine Fettschicht. Somit kann sich der Esel nicht selbst ausreichend vor Regen und Wind schützen. Er braucht ganzjährig einen immer zugängigen zugfreien und trockenen Wetterschutz.
  • Ausreichende Beschäftigung als Last- oder Zugtier
    Esel sind sehr intelligente Tiere, die ständig damit beschäftigt sind, Dinge zu lernen, zu erkunden, auszuprobieren. Daher müssen sie sowohl geistig als auch körperlich gefördert und gefordert werden. Langeweile führt dazu, dass die Esel Schafe belästigen und dabei durchaus auch schwer verletzen können, schreien oder gar ausreißen. Der notwendige Zeitaufwand für die artgerechte Beschäftigung sollte daher nicht außer Acht gelassen werden.
  • Eignen sich nur zum Schutz von kleinen Herden
    Esel eigenen sich nur zum Schutz von kleinen Herden. Große Weiden mit entsprechend hohem Tierbestand können sie nicht mehr überblicken.
  • Eselrufe sind sehr laut
    In dicht besiedelten Gegenden können die Schreie Probleme bei Nachbarn hervorrufen, da die Schreie der Esel sehr Laut sind.
  • Esel müssen während der Lammzeit getrennt gehalten werden
    Während der Lammzeit, in der die Herden besonders von Wölfen bedroht werden, müssen die Esel von der Herde getrennt werden, um sowohl die Lämmer als auch die Muttertiere zu schützen. In dieser für die Schafe sehr gefährlichen Zeit können sie demzufolge die Herde nicht schützen.
  • Gegen Angriffe mehrere Wölfe sind auch Esel machtlos
    Werden Herden von mehreren Wölfen angegriffen, können Esel in der Regel nicht dagegenhalten und werden meist selbst schwer verletzt oder getötet.
  • Übertragung von Krankheiten
    Durch Schafe, Ziegen und Rinder können mehrere Krankheiten auf Esel übertragen werden, deren Behandlung sich zum Teil als aufwendig bis schwierig, zum Teil erfolglos darstellt. So kann Moderhinke z.B. Strahlfäule beim Esel auslösen. Bei nicht sachgemäß entwurmten Tieren oder kontaminierten Weiden können Leberegel übertragen werden.
  • Auf Standweiden wird die Grasnarbe durch die Eselhufe schneller zerstört
    Eselhufe dringen auf weichem Boden tief in die Erde. Auf kleineren Weideflächen wird dadurch die Grasnarbe stark beschädigt.
  • Feuchte Wiesen verursachen Huffäule
    Esel sind Wüstentiere. Ihre Hufe sind nicht für feuchte Böden geschaffen. Die Haltung auf feuchten Wiesen führt zu Hufkrankheiten, wie z.B. die Strahlfäule.
  • Esel müssen täglich gepflegt werden
    Unerlässlich ist die tägliche Kontrolle und Reinigung der Hufe. Ebenso sollte das Fell täglich kontrolliert und bei Bedarf gereinigt werden.
  • Regelmäßige fachmännische Hufpflege
    Eselhufe müssen in der Regel alle 8-12 Wochen durch einen Hufschmied/Hufpfleger behandelt werden. Da sich die Eselhufe auf reinen Weideflächen nicht selbst abnutzen, sind u.U. deutlich kürzere Intervalle notwendig.

Zwei Esel hinter einem Zaun

Fazit

Esel sind in Deutschland nur sehr bedingt als Herdenschutztiere geeignet, da in der Regel eine artgerechte Haltung, Fütterung und Pflege nicht gewährleistet werden kann. Der Einsatz der Esel als Herdenschutztier verstößt in der Regel gegen das Tierschutzgesetz.

Schaut man in die Länder, in denen seit Jahrhunderten Schafe und Esel in Nachbarschaft mit Wölfen gehalten werden, wird man feststellen, dass dort niemand auf die Idee kommt, Esel als Herdenschutztiere einzusetzen. Sie Schäfer nutzen die Esel als Tragetiere. Sie werden außerhalb der Schafherden gehalten. Zum Schutz der Schafherden werden auch dort Hunde eingesetzt.




Dies ist ein Beitrag von Noteselhilfe e.V., www.noteselhilfe.org