Die Gemeine Fichte (Picea abies), auch Rottanne genannt, ist unser häufigster Baum. Über 60 Prozent des deutschen Baumbestandes sind heute Fichten. Durch den Raubbau im Mittelalter verschob sich der Baumartenbestand. Der vorher weitgehend vorhandene Mischwald aus Buchen, Eichen, Tannen und Fichten wurde von schnell wachsenden Fichtenbeständen nahezu verdrängt.
Von der Wiege bis zum Sarg – alles aus Fichtenholz
Fichtenholz wird für zahlreiche Dinge gebraucht: quasi von der Wiege bis zur Bahre oder besser gesagt dem Sarg, wird das Holz verwendet. Und auch in unserem Brauchtum ist er als Weihnachts- und Maibaum fest verwurzelt. Apropos Wurzeln: als sogenannter Flachwurzler ist die Fichte nicht sonderlich standfest und daher stark windbruchgefährdet.
Wenn man sie denn ließe, dann könnte eine Fichte bis zu 600 Jahre alt werden. Dabei erreicht sie eine durchschnittliche Höhe von 30 bis 50 Metern. In unseren Wirtschaftswäldern wird der immergrüne Nadelbaum allerdings höchstens 150 Jahre alt. Meist werden Fichten bereits nach 80 bis 100 Jahren geerntet.
Die mächtigste Fichte Deutschlands steht im Schwarzwald
Die wahrscheinlich mächtigste Fichte Deutschlands wird auf ein Alter von 200 bis 280 Jahren geschätzt und hat in einem Meter Höhe einen Umfang von 6,30 Meter. Die sogenannte „Weidfichte“ steht im Schwarzwald in der Gemarkung Tennenbronn (Stadt Schramberg). Sie steht als Naturdenkmal Nr. 159 bereits seit dem 12. Dezember 1950 unter besonderem Schutz.
Fichtenblüte etwa alle 4 bis 7 Jahre
Erst wenn eine Fichte ein Alter von 40 bis 60 Jahren erreicht hat, blüht sie zum ersten Mal. Ab dann blüht sie regelmäßig zwischen Mai und Juni alle 4 bis 7 Jahre. Auch kürzere Abstände können vorkommen. Dabei handelt es sich dann um die sogenannte „Angstblüte“, die auf Wasserknappheit, starke Kälteperioden oder Nährstoffmangel hindeutet. Im April 2011 hatten wir zum letzten Mal eine extreme Fichtenblüte.
Die Gemeine Fichte ist eine einhäusige Pflanze, das bedeutet, dass auf jeder Fichte sowohl männliche als auch weibliche Blüten wachsen. Die kugelförmigen männlichen Blüten werden etwa einen Zentimeter groß, sind erst karminrot und später hellbraun. Die weiblichen Blüten sind rot und stehen in Zapfen zusammen. Innerhalb eines Jahres werden daraus die bekannten „Tannenzapfen“, die richtig eigentlich Fichtenzapfen heißen müssten. Bei den Zapfen, die man auf dem Waldboden findet, handelt es sich immer um Zapfen von Fichten. Tannen werfen ihre Zapfen nicht als Ganzes ab.
Die Fichte ist auch eine wirksame Heilpflanze
Unsere Großeltern sammelten die jungen Triebe von Fichten noch als Heilmittel. Besonders wirksam sind die in den hellgrünen Trieben enthaltenen ätherischen Öle bei Lungenerkrankungen. Als Tinktur oder beim Inhalieren reinigen und desinfizieren sie die Lunge. Fichtennadeln als Badezusatz riechen nicht nur gut sondern fördern auch die Durchblutung und wirken bei rheumatischen Erkrankungen und dienen der Entspannung.
Die Gemeine Fichte ist ein sehr vielseitiger Baum, den wir schätzen sollten. Da kann man auch den alle Jahre wiederkehrenden „gelben Niederschlag“ sicherlich getrost über sich ergehen lassen. Der nächste starke Regenguss wäscht ihn ja wieder ab.