Als achtes von neun Kindern kam Stephan Ludwig Jacobi im Frühjahr 1711 zur Welt. Sein genauer Geburtstag konnte bis heute nicht ermittelt werden. Sein Vater war der Bauer Stephan Bartold Jacobi und seine Mutter Anna Catharina Perius.

Die Mutter sorgte dafür, dass der begabte Junge Unterricht vom örtlichen Pastor erhielt und legte so den Grundstein für seinen späteren Lebensweg. Schon während er die Gymnasien in Lemgo und später in Detmold besuchte „faste (er) den Entschluss die Mathematic und Physic besonders aber die Mechanic zu erlernen; damit durch dieses gesamte Studium mit einen Weg bähnte dereinsten durch eines Mittel mein Brod zu erwerben.“ (Zitat nach einem Brief Jacobis aus Meyer-Waarden, Seite 33).

Stephan Ludwig Jacobi
Stephan Ludwig Jacobi

Studium der Mathematik und Naturwissenschaften in Marburg

Diesen Entschluß setzte er 1734 in die Tat um. In Marburg studierte er an der Universität Mathematik und Naturwissenschaften. Zusätzlich besuchte er noch juristische und philosophische Vorlesungen. Diese Zusatzausbildung sollte ihn in die Lage versetzen, eine gut dotierte Stellung am lippischen Fürstenhof in Detmold zu finden. Bereits 1738 kehrte Jacobi nach Hohenhausen auf den Hof seiner Eltern zurück. Diesen übernahm er im Jahr 1741, nachdem seine Mutter gestorben war. Nur für einige kurze Reisen im Auftrag des lippischen Fürstenhauses sollte er sein Heimatdorf Hohenhausen bis zu seinem Tod wieder verlassen.



Berater für schwierige Fälle im Auftrag der Lippischen Fürsten

Diese Aufträge kamen recht häufig, denn Jacobi hatte sich einen Namen als Berater für schwierige Aufgaben gemacht. Früh erkannte er die Bedeutung der Heilquelle in Bad Meinberg, an deren Ausbauplanung er maßgeblich beteiligt war. Die regelmäßigen Überschwemmungen durch die Flüsse Werre und Bega wurden durch umfangreiche Regulierungsmaßnahmen in den Jahren von 1770 bis 1774 eingedämmt. Auch hier war Jacobi für die Planung und Durchführung verantwortlich.

Wehr der Bega in Lemgo-Brake - Foto: © Martina Berg
Wehr der Bega in Lemgo-Brake – Foto: © Martina Berg

Neben diesen Aufgaben führte er seinen landwirtschaftlichen Betrieb und befaßte sich außerdem mit umfangreichen Privatstudien. Er war ein begnadeter Erfinder und Tüftler, der seiner Zeit voraus war und von seinen Zeitgenossen häufig nicht verstanden wurde. Zu seinen Erfindungen zählten eine Anlage zur Herstellung von Kartoffelmehl, eine ganztägig arbeitende Perlgraupenmühle sowie zahlreiche technische Verbesserungen bereits existierender Maschinen. Viele seine Pläne konnte er wegen chronischem Geldmangels aber nicht realisieren.

Die Erfindung der künstlichen Fischzucht

Seine bahnbrechendste Erfindung war ein scheinbar einfacher Bruttrog für Forelleneier. Damit wurde 1763 in der tiefsten Provinz des kleinen Fürstentums Lippe die künstliche Fischzucht erfunden. Jacobis „Brutmaschine“ für Forelleneier bestand aus einem simplen Holztrog, durch den aus einem Bach Wasser geleitet wurde. Am oberen und unteren Ende des Troges waren Gitter angebracht, um Fressfeinde fern zu halten. Im Trog befand sich eine Kiesschicht, auf der die Fischeier lagen, die durch die geringe Strömung leicht gestreift wurden.

Aus dem Hottinger Volksblatt von 1878
Aus dem Hottinger Volksblatt von 1878

Im Januar fing Jacobi in einem nahen Bach trächtige Forellenweibchen und fortpflanzungswillige Männchen. Unter sanftem Druck streifte er über deren Bäuche und fing die Fischeier und den Forellensamen in einem Eimer auf und rührte die Masse vorsichtig um. Die so befruchteten Eier streute er auf den Kies in seinem Bruttrog. Die Simulation der Flußströmung in seinem Trog sorgte dafür, dass aus den Eiern innerhalb von acht bis neun Wochen kleine Forellen wurden. Diese setzte Jacobi in seine Teiche um, wo sie zu stattlichen Forellen heranwuchsen. Eine Beschreibung seiner erfolgreichen Methode veröffentlichte Jacobi 1768 in den „Lippischen Intelligenzblättern“. Sein Aufsatz trägt den Titel „Von der künstlichen Erzeugung der Forellen und Lachse“. Noch heute wird Jacobis Verfahren in leicht abgewandelter Form von Fischzüchtern in der ganzen Welt eingesetzt.

Moderne Aquakultur - © Malena und Philipp K - Fotolia.com
Moderne Aquakultur – © Malena und Philipp K – Fotolia.com



Jacobis Erfindung gerät in Vergessenheit und wird erst nach Jahrzehnten wiederentdeckt

Jacobi erging es wie vielen Erfindern und Wissenschaftlern, die ihrer Zeit voraus waren: er und seine Erfindung gerieten in Vergessenheit. Aus seinen Erfindungen zogen weder er noch seine Familie großen Nutzen. Und auch die lippischen Fürsten nutzten sein Wissen nur aus. Er erhielt zwar den klangvollen Titel eines Landeshauptmanns, aber so gut wie keinen weiteren Lohn für seine unschätzbaren Dienste. Stephan Ludwig Jacobi starb 1784 im Alter von 73 Jahren auf seinem Hof in Hohenhausen. Erste 1851 wurde seine einfache aber hochwirksame Methode der künstlichen Befruchtung wieder entdeckt, als ein Franzose namens Joseph Remy behauptete, der Erfinder zu sein. Nun war Jacobis Name zumindest in Fischzüchter-Kreisen bekannt und zahlreiche Forellen- und Lachsbruthäuser wurden gebaut.

Hohenhausen pflegt das Andenken an Stephan Ludwig Jacobi

Die Deutschen Fischereivereine setzten Stephan Ludwig Jacobi 1896 in seinem Geburtsort Hohenhausen ein Denkmal, das im Volksmund den Namen „Fischerdenkmal“ trägt. Es steht in der Ortsmitte Hohenhausens an der Lemgoer Straße und wurde kürzlich komplett saniert. Seine Heimatgemeinde Kalletal im Kreis Lippe (zu der das Dorf Hohenhausen heute gehört) pflegt das Andenken Jacobis. Die Realschule der Gemeinde trägt den Namen „Stephan-Ludwig-Jacobi-Realschule“ und im Wald- und Forstmuseum des Kalletaler Ortsteils Heidelbeck gibt es eine sehenswerte Ausstellung über Jacobi und seine Fischzucht.

Wald- und Forstmuseum Heidelbeck - Foto: © Martina Berg
Wald- und Forstmuseum Heidelbeck – Foto: © Martina Berg

Quellen und weiterführende Informationen:

  • Meyer-Waarden, Paul Friedrich: Stephan Ludwig Jacobi. Berlin, Heenemann, 1972
  • Hollaender, Lydia: Stephan Ludwig Jacobi und seine Bedeutung für die lippische Erfnährungswirtschaft. Detmold, 1948

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